Rhein-Lahn-Zeitung, 24. September 2016:
Nachwuchsförderung Stein-Gesellschaft und Stiftung planen langfristig – Teilnehmer loben Rahmenbedingungen
Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz
Nassau. Veranstalter und Förderer des „Nassauer Dialogs“ wollen die Veranstaltung dauerhaft an der Lahn verankern. Der Vortrag eines prominenten Redners in der Stadthalle zu Beginn ist – neben den seit 2010 in Berlin stattfindenden Hauptstadtgesprächen – die zweite Säule öffentlicher Veranstaltungen der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft. Vizepräsident Hans-Günter Henneke zufolge ist ihm daran gelegen, den „Nassauer Dialog“ langfristig zu etablieren. „Wenn ich mal etwas anfange, halte ich auch durch“, sagte er zum Auftakt der zweiten Auflage. In Berlin habe man mittlerweile 23 der zweimal jährlich stattfindenden Hauptstadtgespräche vorzuweisen.
Stadtbürgermeister Armin Wenzel zeigt sich dankbar, dass das Nachwuchsförderprogramm der Stein-Gesellschaft „im kleinen, aber historisch bedeutsamen“ Nassau seinen Sitz gefunden hat. „Der ‚Nassauer Dialog‘ ist ein Alleinstellungsmerkmal mit bundesweiter Ausstrahlung“, sagte er. Ohne die finanzielle Unterstützung der G. und I. Leifheit-Stiftung sei dies undenkbar. Seinen Beitrag leistet auch der Nachfahre des Freiherrn, Sebastian Graf von Kanitz. „Die Teilnehmer waren im vergangenen Jahr von der Atmosphäre der Räumlichkeiten im Schloss ganz eingenommen, berichtete dieser von der Premiere 2015 und sagte: „Für qualitätsvolle Veranstaltungen öffnen wir gern unsere Räumlichkeiten.“
An dem Lahnstädtchen als Austragungsort zweifelt keiner der Verantwortlichen. „Die Bedingungen hier sind ideal“, sagt Prof. Bernd Walter, geschäftsführendes Präsidialmitglied der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft und Leiter des Instituts für westfälische Regionalgeschichte. Das Schloss, Geburtshaus des Namensgebers der Gesellschaft, gebe dem Nassauer Dialog eine einzigartige Atmosphäre, die es ermögliche, direkt an die Gedanken des Freiherrn anzuknüpfen. Graf von Kanitz sieht durch den Besuch der geladenen Nachwuchskräfte die Geschichte des Hauses belebt und steht hinter dem Konzept des „Nassauer Dialogs“. „Wir können den jungen Teilnehmern hier etwas geben, das ihr Interesse an den Themen von damals und von heute weckt“, sagt er und schlägt den Bogen zum diesjährigen Thema: „Auch Stein hat sich Gedanken über die Pressefreiheit gemacht, weil er ein Verfechter der Freiheit war.“ Diese sei ein großes Gut. Dabei habe sich der Freiherr im fortgeschrittenen Alter durchaus kritisch über Journalisten und die Presse geäußert, die „die öffentliche Meinung verwirren“ könnten.
Die Stein-Gesellschaft wirbt generell für mehr Eigenverantwortung. Schon deshalb scheint Nassau idealer Ort für das Förderprogramm. Schließlich hat der Freiherr 1807 mit seiner Nassauer Denkschrift ein Reformprogramm für den preußischen Staat begründet, „das auf die Verantwortlichkeit und Teilhabe des einzelnen“ setzt, wie die Stein-Gesellschaft formuliert. Der „Nassauer Dialog“ soll neben den geladenen jungen Führungskräften mit einem öffentlichen Vortrag am Freitagabend auch die Bürger ansprechen. Damit will man die Veranstaltung „dauerhaft im Bewusstsein der Einwohner verankern“, wie es in einer Dokumentation der Premiere heißt.
In Nassau fühlen sich die jungen Menschen aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft, die das Lahnstädtchen bis auf wenige Ausnahmen zuvor nicht kannten, wohl. „Die Teilnehmer empfinden es als Privileg, dabei sein zu können“, berichtet Prof. Bernd Walter zum Abschluss des zweiten „Nassauer Dialogs“. Sie seien voller Lob für Referenten, Impulsgeber sowie für die Rahmenbedingungen. Schon im vergangenen Jahr lautete das Fazit: „Der exklusive Rahmen hat seine Wirkung nicht verfehlt.“ Dazu wird ausdrücklich das jeweils am Samstagabend platzierte Konzert des Lahnfestivals gezählt, welches das Konzept kulturell abrundet. Auch vom Inhalt des „Nassauer Dialogs“ sind die Teilnehmer offenbar begeistert. „Sie wünschen sich noch mehr Raum für Diskussionen und den gegenseitigen Austausch“, sagt Walter. „Das Gespräch untereinander vor dem Hintergrund der Inputs aus den Referaten ist ihnen sehr wichtig.“
Gute Bedingungen offenbar, um über den Tag hinaus ein Alumni-Netzwerk zu gründen, das seinen Ursprung in dem etwa 48 Stunden währenden Besuch in Nassau hat. Ziel ist es laut Stein-Gesellschaft „einen dauerhaften und nachhaltigen Informations- und Gedankenaustausch„ einzuleiten. Dahinter steht der Wille, den Nassauer Dialog dauerhaft und regelmäßig fortzusetzen. „Die G. und I. Leifheit-Stiftung ist sehr angetan und will eine Kontinuität“, berichtet Bernd Walter. „Für uns ist das eine wichtige Botschaft.“ Der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, Josef Peter Mertes, bestätigt: „Wir gehen davon aus, dass die Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft noch viele weitere ‚Nassauer Dialoge‘ mit uns veranstaltet.
Nachlass des Freiherrn ist digital frei abrufbar
Der Nachlass des Freiherrn vom Stein auf Schloss Cappenberg ist weitgehend im Internet einzusehen. Er gehört zu den historisch-kulturell wichtigen Schriftnachlässen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts und befindet sich in Privatbesitz des Grafen von Kanitz. Digitalisiert wurde der gesamte Nachlass, der etwa 47.000 Blatt umfasst. Nun kann online auf die Dokumente unter (https://www.archive.nrw.de) frei zugegriffen werden. Nur noch für Privatkorrespondenzen, Dokumenten zu Privatgeschäften und persönliches Archivgut von Familienangehörigen müssen Benutzeranträge ausgefüllt werden. crz