Professor lässt Revolution in Nassau lebendig werden

Rhein-Lahn-Zeitung, 13. Mai 2019:

Michael Kotulla begeisterte das Publikum als Referent der zweiten Burggespräche

Nassau. „Es ist gut zu wissen, woher man kommt.“ Das sagte Landrat Frank Puchtler im Rittersaal der Burg Nassau zu den historisch interessierten Zuhörern der 2. Nassauischen Burggespräche, deren Schirmherr er war. Die Burggespräche wurden mit der Unterstützung der Stadt Nassau, der G. und I. Leifheit Stiftung und der Nassauischen Sparkasse durchgeführt. Referent war Michael Kotulla, Professor an der Fakultät für Rechtsgeschichte der Universität Bielefeld, der über das Thema „Revolution in Nassau? – Das Herzogtum in den Jahren 1848/49“ sprach.

„Schwefelt die Dachse aus!“ und „Kein Fürst, kein Graf, kein Edelmann soll mehr existieren!“ soll die Menge vor dem Nassauer Schloss gerufen haben. Heftige und rohe Gewalt gegen Sachen und Menschen, Brand und Blut – so stellt man sich eine Revolution vor, die zum Umsturz der gesetzlichen Ordnung führt. Wie es sich bei der Revolte im Herzogtum Nassau mit massenhafter Beteiligung der Bauern 1848/1849 tatsächlich abgespielt hat, war das Thema dieses Abends. Kotulla wies auf Ursachen hin, stellte Zusammenhänge her und schilderte die Folgen der Ereignisse, „die trotz Rolle rückwärts bis in die heutige Zeit reichen“. Er machte das weder dröge noch nach professoraler Art, sondern ließ in seinem interaktiven Diavortrag Bilder nicht nur auf der Leinwand, sondern auch vor den inneren Augen der Zuhörer entstehen. „So ist Geschichte spannend“, war in der Pause aus dem Publikum zu hören, das sich bei einem kalten Büfett über den Vortrag austauschen und mit dem Fachmann ins Gespräch kommen konnte. Spannend war der Vortrag an diesem Abend tatsächlich – was nicht zuletzt an der persönlichen Art des Professors und seiner Bereitschaft lag, ausführlich auf die Fragen der Zuhörer einzugehen.

Worum es in seinem Vortrag genau ging? In Nassau gärte es als unmittelbare Folge der Februarrevolution von 1848 in Frankreich. Auch in Deutschland setzten 1848 revolutionäre Erhebungen ein – auch und nicht zuletzt im Herzogtum Nassau. Am 1. März 1848 wurden bei einem Treffen im Wiesbadener Hotel „Vier Jahreszeiten“ unter Federführung des liberalen Politikers August Hergenhahn neun „Forderungen der Nassauer“ formuliert, nämlich: allgemeine Volksbewaffnung, unbedingte Pressefreiheit, sofortige Einberufung eines deutschen Parlaments, sofortige Vereidigung des Militärs auf die Verfassung, Vereinigungsfreiheit, öffentliches und mündliches Strafgerichtsverfahren mit Schwurgerichten, Klärung des Domänenstreits, neues Wahlgesetz und Religionsfreiheit. Die Forderungen wurden am folgenden Tag bei einer Volksversammlung verkündet und von Wiesbaden aus durch Flugblätter und Mundpropaganda ins ganze Land getragen. Die Polizei griff nicht ein. Die Obrigkeit schien gelähmt. Am 4. März musste Herzog Adolf die Forderungen vor etwa 40 000 Menschen, die mit Äxten, Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen eigens nach Wiesbaden geeilt waren, akzeptieren. Eskalation drohte, doch das Militär hielt sich zurück.

Solche und ähnliche Informationen vermittelte Kotulla den Zuhörern auch im weiteren Verlauf seines Vortrags: wortgewandt, lebendig, systematisch, chronologisch und Schritt für Schritt, ohne die historischen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge außer Acht zu lassen. So entwickelte sich bei den Zuhörern eine Vorstellung von den Ereignissen, angefangen beim Vormärz bis zur „Landesherrlichen Proklamation vom 5. März“, mit der Herzog Adolph die Einhaltung der Forderungen zusicherte.

Weitere Themen waren die Urwahlen und die Nationalversammlung am 18. April 1848 sowie die Deputiertenwahl am 1. Mai 1848 und schließlich das Aufflackern der Revolution auf dem Land. Dabei wurde deutlich, dass es keine Zukunft ohne die geistige Durchdringung der Vergangenheit geben kann und die Identität eines Staatsvolkes auch durch die Geschichte begründet wird, weil seine Menschen Antworten auf die Fragen suchen, woher sie kommen, wo sie stehen und wohin sie gehen wollen.

Karl-Heinz Wolter

Weder dröge noch professoral: Nicht zuletzt an Michael Kotullas anschaulichem Vortragsstil lag es, dass sein Vortrag bestens ankam. Foto: Wolter

Zwei Reformen der Verfassung – und dann?

Rhein-Lahn-Zeitung, 08. Mai 2018:

Geschichte Bielefelder Professor weckt Interesse an einem weiteren Burggespräch – Premiere in historischer Kulisse der Burg

Nassau. „Das Nassauer Land lebt und strahlt bis nach Ostwestfalen.“ Mit diesen Worten begrüßte Landrat Frank Puchtler den Bielefelder Professor Dr. Michael Kotulla zum Vortrag auf Burg Nassau. Auch „Burgherrin“ Dr. Angela Kaiser-Lahme, Chefin der Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz, konnte Puchtler willkommen heißen. So weckte das „Erste Nassauische Burggespräch“ in historischer Kulisse und vor einem interessierten Publikum hohe Erwartungen. Günstige Umstände lassen, wie Stadtbürgermeister Armin Wenzel wünschte, im kommenden Jahr auf eine Fortsetzung hoffen. Denn die Initiatoren des Burggesprächs, der Veranstaltungsort, der Referent, die Epoche und das Thema passten idealtypisch zueinander.

Landrat Puchtler, von Professor Kotulla als „geborener Lokalpatriot“ geadelt, hat als Schirmherr das Burggespräch nach Nassau geholt. Der Bielefelder Lehrstuhl erforscht in einer Mammutstudie die Verfassungsgeschichte der deutschen Länder von 1806 bis 1818, darunter auch die des Herzogtums Nassau. Die G. und I. Leifheit-Stiftung fördert die Forschung und Publikation. Geschäftsführer Ingo Nehrbaß sprach ein Grußwort. Die Stadt als Namensgeberin und Stammsitz der ehemaligen Nassauischen Dynastie ist für jeden Impuls offen. Und letztlich ist der Geschichtsverein ständiger Vermittler des nassauischen Erbes am Ort. Hinzu kommt als Räumlichkeit mit besonderer Atmosphäre der Rittersaal der Burg. Vor diesem Hintergrund konnte Professor Kotulla alle Register seiner Forschungsarbeit ziehen.

Die Verfassungsgeschichte von 54 Staaten, von Anhalt bis Würzburg, erforscht Kotulla mit seinem Team am Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Universität in Bielefeld. Jede Publikation wird etwa 2000 Seiten umfassen. Nassau erschien zunächst nicht als vordringliches Forschungsobjekt. Heute sieht Kotulla das anders. „Nassau ist umwerfend spannend und äußerst ergiebig“, ist sein Resümee. 

Seinen Vortrag „Nassau als Pionier der deutschen Verfassungsgesetzgebung?“ gliederte er in zwei Kapitel. Zunächst referierte er die Ausgangslage, in der sich das Haus Nassau im Übergang des 18. zum 19. Jahrhundert befand. Daran schloss sich die Verfassungsgesetzgebung an, die in zwei Etappen erfolgte. Im Jahr 1814 kam es zu einem Landständeedikt, für Kotulla ein reines „Alibi“, wogegen ein verfassungspolitischer Neubeginn in den Jahren 1815/1816 zur echten Staatsorganisationsreform führte.

Eine Veranstaltung, die nach Fortsetzung verlangt: Der Bielefelder Rechtswissenschaftler Professor Dr. Michael Kotulla (rechts) referiert bei der Premiere der Nassauer Burggespräche über die Verfassungsgeschichte des Herzogtums Nassau. Foto: Markus Hunkenschröder/Uni Bielefeld

Verfassungsgesetzgebung lässt sich ohne den politischen Kontext nicht verstehen. So stellte der Bielefelder Professor die Ausgangslage des Herzogtums Nassau vorweg. Die Nassauer Dynastie war Ende des 18. Jahrhunderts marginalisiert. Sie hatte sich in fünf Linien aufgespalten und das Territorium glich einem Flickenteppich. Erst ein Erbvertrag von 1783 machte der Aufsplitterung ein Ende. 

Gewinner waren die Nassauer bei der Säkularisierung. Sie verloren ihre linksrheinischen Gebiete, erhielten als Entschädigung aber weit mehr an Fläche und Einwohnern. Ein guter „Deal“, wie Professor Kotulla meinte. Doch nach wie vor streckte das revolutionäre Frankreich seine Hand nach Nassau aus. Erst ein Geheimvertrag schafft Sicherheit. Die Rheinbundakte 1806 erklärt Nassau zu einem Staat, die Nassau-Usinger durften sich als Herzöge titulieren, jedoch existierte das Herzogtum unter dem Protektorat Napoleons. Trotz der Liaison mit Frankreich schafften es die Nassauer laut Kotulla nicht, den Code Napoléon zu übernehmen, der die feudale Gesellschaftsordnung hinter sich ließ.

Mit dem Herzogtum beginnt die Nassauische Verfassungsgeschichte, wobei Professor Kotulla deutlich machte, dass es sich dabei um eine rechtliche Grundordnung handelte, die von Edikten über das Militär bis zum Steuerrecht reichte. In Nassau, so Kotullas Einlassung zum Militärischen, wurde die Truppenlieferung für die napoleonische Armee zur Staatsräson. Das ging nicht ohne Widerstand und Tumulte ab. „Auch der Nassauer hat sich nicht alles gefallen lassen“, gab Referent Kotulla zum Besten. Die Steueredikte trafen auf eine völlige Zersplitterung. Ein Sammelsurium von mehr als 900 Steuern und Abgaben wurde im Herzogtum erhoben, bevor schließlich die einheitliche Staatsorganisation eingeführt wurde.

In letzter Stunde vollzog Nassau 1813 den Austritt aus dem Rheinbund. Eine erste Verfassungsreform fand 1814 unter dem maßgeblichen Einfluss des Freiherrn vom Stein statt. Es wurde ein Landständeedikt mit einem Deputiertenausschuss beschlossen. Jedoch waren nur zwei Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt und davon nur ein Zehntel als Landesdeputierte wählbar. Den Grund für die Landständeordnung sah Professor Kotulla nüchtern: „Die Landesherren waren pleite, ihre Schulden wollten sie auf den Staat übertragen.“ Die zweite Verfassungsreform 1815/1816 kennzeichnete Kotulla als Neubeginn. Es wurde eine einheitliche Staatsorganisation geschaffen mit einer Zentralverwaltung, die einen Durchgriff bis in den „letzten Winkel“ des Landes erlaubte. Selbst der „Dorfschulze“ wurde ernannt und nicht gewählt, so Kotulla. 

In dieser zweiten Reform erkannte der Bielefelder Professor eine Pionierleistung der Nassauer darin, dass sie eine funktionierende Verwaltung, ein „straffes französisches Modell“, etablieren konnten. Was sich verfassungsrechtlich danach entwickelte, blieb offen und könnte Gegenstand des „2. Nassauischen Burggesprächs“ werden. Mit weniger Fülle ließe das Burggespräch dann einen interaktiveren Gedankenaustausch zu.

Professor aus Bielefeld referiert über Herzogtum

Rhein-Lahn-Zeitung, 31. März 2018:

Geschichte Vortragsreihe könnte entstehen

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Nassau. Das kleine Herzogtum namens Nassau war nie der Nabel der Welt. Und doch geht von seiner gerade einmal 60-jährigen Geschichte offenbar so viel Faszination aus, dass ein Hochschulprofessor aus Bielefeld dem kleinen Staat fortan eine Vortragsreihe auf der Burg widmen will. Nicht Fachleute, sondern ein breites Publikum will er damit ansprechen. Premiere ist am Samstag, 5. Mai, um 17 Uhr. Wenn das Angebot auf entsprechende Resonanz stößt, soll es alljährlich mit wechselnden Themen wiederholt werden.

Prof. Dr. Michael Kotulla ist Rechtswissenschaftler und arbeitet mit seinem Team an einem Mammutwerk. Das deutsche Verfassungsrecht zwischen 1806 und 1918 ist sein Thema, das am Ende Zehntausende Buchseiten in zig Bänden füllen wird. Ein Teil davon wird dem Herzogtum Nassau gewidmet sein. Je tiefer er während seiner mehr als zweijährigen Recherche in das Thema eintauchte, desto größer wurde seine Faszination für das kleine Herzogtum, das er zuvor nur dem Namen nach kannte. Seine Erkenntnisse will Kotulla nun jenseits der geplanten Buchveröffentlichung in Form von Vorträgen anschaulich vermitteln. „Ich will vermeiden, dass jemand, der kein Experte ist, sich dabei fehl am Platz fühlt“, sagt der Professor. „Ich möchte auch Leute erreichen, die sich im Alltag eigentlich mit anderen Dingen beschäftigen.“

Sie freuen sich gemeinsam über die geplante Vortragsveranstaltung auf der Burg (von links): Ingo Nehrbaß, Geschäftsführer der G. und I. Leifheit-Stiftung, Stadtbürgermeister Armin Wenzel, Landrat Frank Puchtler, Prof. Dr. Michael Kotulla von der Uni Bielefeld und Dr. Meinhard Olbrich, Vorsitzender des Nassauer Geschichtsvereins. Foto: Markus Hunkenschröder/Uni Bielefeldt

Genauso offen ist Kotulla bei der künftigen Beteiligung externer Referenten. Deshalb nahm er bei einem Vorgespräch im Nassauer Rathaus wohlwollend zur Kenntnis, dass Dr. Meinhard Olbrich und Herbert Baum als Vertreter des Geschichtsvereins Nassau zusicherten, auf Ressourcen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung zurückgreifen zu können. „Das habe ich mir ein Stück weit erhofft“, sagte Kotulla. So könne man für die geplante Reihe für kommende Jahre weitere fachkundige Referenten gewinnen.

Olbrich und Baum hatten spontan einige Themenvorschläge parat: Nassauische Residenzen, die Rolle des Herzogtums in der Reformation und die Bauernbefreiung. „Da werden sie keine Probleme haben, Referenten zu bekommen“, sagte Olbrich. Der Bielefelder Professor selbst will sich zudem den dynastischen Verflechtungen des Hauses Nassau und ihrem Einfluss in aller Welt widmen. Zudem hob er die Bedeutung von Lokalhistorikern hervor, die mit großer Leidenschaft bei der Sache seien. „Ich habe diese sehr schätzen gelernt. Ihre Hinweise sind fast immer Gold wert“, sagte Kotulla. Sie verfügten oft über Erkenntnisse, die man in den einschlägigen Veröffentlichungen nicht finde.

Da die Veranstaltung keine Fachtagung sein soll, legt Professor Kotulla besonderen Wert auf eine ungezwungene Atmosphäre. Auch deshalb fiel die Wahl auf den Rittersaal der Nassauer Burg. Zudem ist dort die Bewirtung durch die Pächterin Diana Neuenfeldt sichergestellt, denn im Anschluss soll bei Speis und Trank Gelegenheit sein, miteinander ins Gespräch zu kommen. Auch im Rahmen des Vortrags wünscht Kotulla sich eine aktive Beteiligung der Gäste. „Ich ermutige ausdrücklich dazu, Fragen zu stellen oder zu diskutieren“, sagt er. Ein kostenloser Shuttle-Service soll garantieren, dass sich niemand von der geringen Zahl der Parkplätze oder dem beschwerlichen Aufstieg zur Burg von einem Besuch abhalten lässt. Damit die Veranstaltung finanziell gesichert ist, leistet vor allem die G. und I. Leifheit-Stiftung, die auch Kotullas Forschungsprojekt zur nassauischen Verfassungsgeschichte fördert, einen Beitrag. Als Schirmherr überbrachte zudem Landrat Frank Puchtler einen Bewilligungsbescheid der Naspa-Stiftung über 500 Euro.

Aus Sicht des Bielefelder Professors ist der Vortrag am 5. Mai ein Pilotprojekt. „Ich bin dankbar, dass wir Gelegenheit haben, so etwas auszuprobieren“, sagt er angesichts der Tatsache, dass niemand abschätzen kann, auf wie viel Resonanz das Vorhaben stoßen wird. Kreis, Stadt, die Touristik im Nassauer Land, Geschichtsverein und Leifheit-Stiftung wirken in jedem Fall darauf hin, dass es ein Erfolg wird. „Ich würde mich freuen, wenn es nicht eine einmalige Sache bliebe, sondern sich verstetigen würde“, sagt Kotulla.

Stadtbürgermeister Armin Wenzel, selbst Historiker und pensionierter Geschichtslehrer, zeigte sich erfreut, dass die Burg als Symbol der Stadt durch die geplante Veranstaltungsreihe noch größere Bedeutung erlange. „Die Burg bedeutet sehr viel für Nassau“, sagte er und bat darum, die Folgeveranstaltungen immer auf den Termin Anfang Mai zu legen. Dort kollidiere man nicht mit Ferien und es könne sich eine Marke etablieren. Auch der Landrat begrüßte Kotullas Initiative, die den Kreis bei seinen Bemühungen unterstütze, die Region zu beleben. Für Nassau und den Rhein-Lahn-Kreis sei es eine tolle Anerkennung, dass Wissenschaftler der Universität Bielefeld eine solche Vortragsveranstaltung auf der Burg auf die Beine stellen.

Der Eintritt zum Vortrag über die Verfassungsgeschichte des Herzogtums Nassau am Samstag, 5. Mai, 17 Uhr, ist frei. Anmeldung per E-Mail an . Am Veranstaltungstag verkehrt von 16.15 Uhr an ein Shuttlebus ab dem Schwimmbadparkplatz zur Burg.

Im Lese-Café lässt es sich gut schmökern

Rhein-Lahn-Zeitung, 03. März 2018:

Probesitzen im neuen Lese-Café (von links): Jugendpflegerin Juliane König, das Bibliotheksteam mit Marion Nacke, Petra Mörs und Martina Bergmann (Leiterin) sowie Ingo Nehrbaß von der G. und I. Leifheit-Stiftung und Stadtbürgermeister Armin Wenzel. Foto: Carlo Rosenkranz

Nassau. Ein Lese-Café bereichert die Nassauer Stadtbibliothek seit einigen Tagen. Am Freitag nun wurde sie offiziell in Betrieb genommen. Nicht nur geladene Gäste ließen sich gern in den bequemen Sesseln nieder.

Rund 80 Besucher täglich zählt die Bibliothek im Günter-Leifheit-Kulturhaus. Oft bleiben die Gäste länger, als zum Stöbern und Ausleihen nötig ist. „Die Stadtbibliothek hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum sozialen Treffpunkt und Aufenthaltsort entwickelt“, sagt Leiterin Martina Bergmann. Sie und ihre Kolleginnen Marion Nacke und Petra Mörs tragen durch ihre offene und freundliche Art maßgeblich dazu bei, dass sich junge wie ältere Menschen dort wohlfühlen. Ein umfangreiches Medienangebot von Büchern über CDs, DVDs, E-Books und vielem mehr sowie kostenloses WLAN locken Menschen aus weiten Teilen des Rhein-Lahn-Kreises in die Einrichtung. Allein eine gemütliche Sitzecke und eine einfach zu bedienende Kaffeemaschine fehlten noch. Doch dieses Manko ist nun Vergangenheit.

Keine Lösung von der Stange, sondern individuell auf die Nassauer Stadtbibliothek abgestimmte Elemente wurden vom Büchereiteam ausgewählt. Die großen Regale wurden mit Rückwänden ausgestattet und so gestellt, dass an der großen Fensterfront ein kleines Separee mit viel Tageslicht entsteht. Ein Sofa, mehrere Sessel und Tischchen sorgen für eine wohnliche Atmosphäre. Lesestoff – auch aktuelle Zeitschriften – ist nur eine Armeslänge weit entfernt. Neu ist auch eine Maschine, die neben Kaffee und Tee auch Kakao bietet. Im Gegensatz zum Vorgängermodell ist die Bedienung kinderleicht. „An die alte Maschine hat sich kaum jemand rangetraut, weil man mehrere Knöpfe drücken musste“, sagt Bergmann.

Finanziert wurde das Projekt mit Geld aus drei unterschiedlichen Quellen. Die Stadt trug aus dem Erneuerungsetat für die Bücherei mit 1000 Euro ihren Teil bei, 3000 Euro stellte die G.-und-I.-Leifheit-Stiftung bereit. Das Land steuerte noch mal so viel zu und verdoppelte somit den Betrag.

Stadtbürgermeister Armin Wenzel bezeichnete das neue Lese-Café als „wesentliche Bereicherung dieser städtischen Einrichtung“. Er sei überzeugt, dass viele Menschen die Gelegenheit zu verweilen nutzen werden. Leiterin Martina Bergmann bestätigte, dass die Resonanz schon jetzt ausgesprochen positiv sei. „Man kann einfach herkommen und Zeit verbringen, ohne Geld ausgeben oder etwas konsumieren zu müssen“, erläuterte Bergmann die Attraktivität des Lese-Cafés. „Man kann hier andere Menschen treffen und ist zu nichts verpflichtet.“ Das Landesbibliothekszentrum, so war zu hören, habe bereits Interesse gezeigt, das Nassauer Projekt als beispielhaft auch anderen Einrichtungen bekannt zu machen.

Unabhängig vom kleinen Umtrunk anlässlich der Einweihung des Lese-Cafés zeigte die Zahl der Büchereibesucher, wie gut die seit 2004 in dieser Form bestehende Stadtbibliothek von der Bevölkerung angenommen wird. Auch Jugendpflegerin Juliane König war mit einer Gruppe Mädchen vom benachbarten Jugendtreff gekommen. Carlo Rosenkranz

Über Bundespräsidenten und Klärschlamm

Westerwälder Zeitung, 23. Februar 2018:

Wissen Schüler überzeugen Jury im Wettbewerb der Peter-Altmeier-Gesellschaft mit vielfältigen Ideen und Umsetzungen

Von unserem Mitarbeiter Hans-Peter Metternich

Die Preisträger des Schülerwettbewerbs „Politik-Staat-Gesellschaft – Eine ausgezeichnete Arbeit“ der Peter-Altmeier-Stiftung mit ihren Laudatoren. Links im Bild ist Hubert Luszczynski, Vizepräsident der Gesellschaft und Leiter des Wettbewerbs, zu sehen. Foto: Hans-Peter Metternich

Montabaur. Zum vierten Mal hat die Peter-Altmeier-Gesellschaft den Schülerwettbewerb „Politik-Staat-Gesellschaft – Eine ausgezeichnete Arbeit“ durchgeführt. Bei der diesjährigen Preisverleihung, die Maren Rogawski (Gesang) und Jannik Henkes (Gitarre) musikalisch gestalteten, wurden vor Kurzem im Kaminzimmer des Landesmusikgymnasiums in Montabaur zwölf Schüler für ihre Arbeiten ausgezeichnet. Sechs von ihnen erhielten Sonderpreise der G. und I. Leifheit-Stiftung Nassau, des Bildungsministeriums, des Landrats des Kreises Mayen-Koblenz, der Initiative Region Koblenz-Mittelrhein und der Peter-Altmeier-Gesellschaft Koblenz. Sechs weitere bedachte die Leifheit-Stiftung mit Urkunden. Kleine Geldpreise für die Preisträger waren inbegriffen.

Für den Wettbewerb hatten Oberstufenschüler Facharbeiten oder sogenannte Besondere Lernleistungen aus den gemeinschaftskundlichen Fächern eingereicht. „Politische Bildung lebt von der kritisch-rationalen Urteilsbildung auf der Grundlage gesicherter Quellen und allgemein überprüfbarer Fakten. Die hier präsentierten Arbeiten beweisen das hohe Niveau, auf dem sich junge Menschen mit der politischen Ordnung in Geschichte und Gegenwart auseinandersetzten“, lobte Andreas Biebricher, Präsident der Peter-Altmeier-Gesellschaft. „Die Schüler haben mit ihren Arbeiten unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage sind, historisches und aktuelles Geschehen aufzubereiten, unter den Bedingungen von Würde, Freiheit und Solidarität zu beurteilen und Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten.“

Hubert Luszczynski, Vizepräsident der Gesellschaft und Leiter des Wettbewerbs, führte durch den Abend, der, was die Arbeiten anbelangte, äußerst Bemerkenswertes mit einer enormen Themenbandbreite zu bieten hatte. Die sechs Besten stellten ihre selbst gewählten Arbeiten in einem Kurzvortrag vor. So gab Mara Baustert vom Herzog-Johann-Gymnasium in Simmern einen Einblick in ihre Arbeit „Christen als Soldaten – Widersprüche, Probleme, Motivationen“. Sabrina Bier (Gymnasium auf dem Asterstein) widmete sich dem Thema „Alterswohnkonzepte im urbanen Raum“, Moritz Haupt (Goethe-Gymnasium Bad Ems) versuchte herauszufinden, ob für die Klärschlammentsorgung eine umweltgerechte Nutzung möglich ist, und Laura Stumm (Peter-Joerres-Gymnasium Bad Neuenahr-Ahrweiler) stellte sich die Frage „Der Bundespräsident – Repräsentant oder einflussnehmende Instanz?“.

Vom Mons-Tabor-Gymnasium in Montabaur zählten Larissa Kleppel und Felix Weimer zu den Sonderpreisträgern. Ihre Themen: „Die Zusammenhänge zwischen dem Aufstieg des Rechtspopulismus und der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung im Vergleich zwischen den alten und neuen Bundesländern“ und „Das Zentrale-Orte-Konzept nach Christaller und dessen Umsetzung im Bereich der VG Montabaur“. Wie schon gesagt, die Themen hätten konträrer kaum sein können, und die Jury hatte die Qual der Wahl. Neben den Sonderpreisträgern erhielten an diesem Abend sechs weitere Arbeiten eine Belobigung durch die Leifheit-Stiftung.

Kurzum: Der Aufruf der Peter-Altmeier-Stiftung, das Interesse junger Menschen auf Politik, Staat und Gesellschaft zu lenken, ist ohne Zweifel auf fruchtbaren Boden gefallen.

Leifheit-Stiftung Nassau honoriert weitere Arbeiten

Neben den Gewinnern der Sonderpreise beim Schülerwettbewerb „Politik-Staat-Gesellschaft – Eine ausgezeichnete Arbeit“ honorierte die G. und I. Leifheit-Stiftung sechs weitere Arbeiten mit Urkunden und Prämien. Hier die Preisträger: Marc Michael Friebe (Wilhelm-Remy-Gymnasium Bendorf): „Ausgewählte nationalsozialistische Feiertage im Spiegel der Bendorfer Zeitung der Jahre 1933 und 1934“; Jan Hartmann (Johannes-Gymnasium Lahnstein): „Herabsetzung des Wahlalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre“; Jannik Henkes (Landesmusikgymnasium Montabaur): „Prinzipien machiavellistischer Politik im 21. Jahrhundert am Beispiel Putins“; Jana Stefanie Müller (Goethe-Gymnasium Bad Ems): „Stunde Null 1945? Zäsur oder Kontinuität, wirtschaftliche Entwicklung in Bad Ems nach Kriegsende“; Leo Schwaderlapp (Johannes-Gymnasium Lahnstein): „Glaube an Rettung? – Rettung durch Glaube? Glaube und Religion in der Endphase des Zweiten Weltkrieges“; Celina Singer (Herzog-Johann-Gymnasium Simmern): „Wie gleichberechtigt ist Deutschland wirklich?“. hpm

Projekt gestartet: Ortsgeschichte wird digital

Rhein-Lahn-Zeitung, 19. Februar 2019:

Mainzer Institut arbeitet Historie der 137 Orte im Kreis auf und veröffentlicht sie im Netzt

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Zurzeit wird an die Ereignisse nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in unserer Region erinnert. Diese Aufnahme zeigt französische Besatzungstruppen vor Schloss Oranienstein im Januar 1919 und stammt aus einer Sammlung des Freiendiezer Fotografen Karl Zimmermann. Foto: privat

Nassau/Rhein-Lahn. Viele geschichtliche Informationen zu den 137 Gemeinden im Rhein-Lahn-Kreis findet man nur in umfangreichen gedruckten Chroniken oder verborgen in Archiven. Auf Wikipedia ist über die kleineren Ortschaften kaum mehr als ein paar Zeilen zu erfahren. Das soll sich nun ändern. Das Institut für Geschichtliche Landeskunde (IGL) an der Universität Mainz wird sich bis Mitte kommenden Jahres intensiv mit dem Gebiet zwischen Rhein und Aar befassen und die Ergebnisse aufarbeiten. Sie sollen allgemein verständlich im Internet auf der Plattform „Regionalgeschichte.net“ veröffentlich werden. Möglich wird das Projekt durch die Förderung der Nassauer G. und I. Leifheit-Stiftung.

Die rheinland-pfälzischen Gemeinden rechts des Rheins sind bislang nur berücksichtigt, sofern sie am Mittelrhein liegen. Mit Förderung der Leifheit-Stiftung wird nun das gesamte Kreisgebiet aufgearbeitet. Unter dem Titel „Ortsgeschichten in Nassau“ widmet sich das Team aus wissenschaftlichen Mitarbeitern des IGL dem Kerngebiet des ehemaligen Herzogtums Nassau, das bis 1866 bestand. Dabei sind Historiker und Heimatforscher vor Ort aufgerufen, ihr Wissen mit einzubringen. Schließlich kenne niemand manche historischen Hintergründe so gut wie die lokalen Geschichtsforscher. Zudem will das IGL mit „Regionalgeschichte.net“ zur Vernetzung der Geschichtsvereine, Archivare und Heimatforscher beitragen. Schon jetzt seien mehr als 300 Aktive aus Rheinland-Pfalz an der Arbeit beteiligt. Kein Zufall also, dass das Motto des Projektes „Forschen, Vermitteln, Mitmachen“ lautet. „Für uns ist es am einfachsten, wenn die Menschen auf uns zukommen“, sagt Prof. Dr. Michael Matheus, Erster Vorsitzender und Direktor des Instituts. Darüber hinaus kontaktiere man die wichtigsten Geschichtsvereine schriftlich. Auch IGL-Geschäftsführer Dr. Kai-Michael Sprenger hebt die besondere Rolle der Menschen vor Ort heraus. „Von den Limesabschnittsforschern beispielsweise bekommen wir viel mehr Hinweise auf Wissenswertes, als wir uns selbst erarbeiten könnten.“

Von der Ortschronik über Kulturdenkmäler, Kirchen, besondere Gräber und Wegekreuze – die möglichen Inhalte sind vielfältig. Auch überörtliche Aspekte wie Stiftungen und Klöster, Wirtschaftsgeschichte, die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs oder Auswanderungswellen aus Rheinland-Pfalz finden Berücksichtigung auf eigenen Themenseiten. Die Informationen zu allen Themen werden von den Institutsmitarbeitern zusammengetragen, bewertet und aufgearbeitet. Damit will man laut Direktor Matheus im Gegensatz zu den Anfangszeiten von Wikipedia eine redaktionelle Bearbeitung und Qualitätssicherung sicherstellen. Zudem sollen die Erkenntnisse nach modernen didaktischen Prinzipien aufbereitet werden. Die Ergebnisse sollen nicht nur für Historiker lesbar, sondern auch für ein breites Publikum nutzbar sein. Zugleich sieht Matheus in „Regionalgeschichte.net“ die Chance, „gewisse Dinge aus den Archiven online im Internet zu zeigen“.

Dass die Mainzer Geschichtsforscher ihr Dasein nicht in Archiven und hinter Büchern fristen, zeigen sie mit ihrem Geschichtsmobil. In den vergangenen zehn Jahren hat das IGL-Team damit rund 100 000 Kilometer zurückgelegt, um in der Fläche präsent zu sein und über das Projekt „Regionalgeschichte.net“ zu informieren. „Da kommen dann Leute, die uns Kisten voll historischem Material von ihrem Speicher bringen“, sagt Direktor Matheus und bietet sogleich an, beispielsweise bei einem Mittelalterfest auf Burg Nassau mit dem Geschichtsmobil zugegen zu sein. Dort nämlich wurde die Ausweitung des Projekts auf den Rhein-Lahn-Kreis offiziell vorgestellt. Und das aus gutem Grund. „Dies ist ein spannender Ort, aus dem eine Dynastie erwachsen ist, die in der europäischen Geschichte eine wichtige Rolle gespielt hat“, so Matheus.

Die Mainzer Wissenschaftler und die Vertreter der G. und I. Leifheit-Stiftung vor dem Geschichtsmobil auf Burg Nassau. Foto: Rosenkranz

Die Projektkoordination für „Ortsgeschichte in Nassau“ im Rahmen von Regionalgeschichte.net hat Lutz Luckhaupt inne. Kontakt: Tel. 06131/393 83 00, E-Mail

Leifheit-Stiftung gibt hohe Summe für Altersmedizin

Rhein-Lahn-Zeitung, 26. Januar 2018:

Versorgung Dr. Roland Hardt erhält neu eingerichteten Lehrstuhl für Geriatrie an der Universitätsmedizin Mainz

Nassau/Mainz. Die Nassauer G. und I. Leifheit-Stiftung stellt der Universitätsmedizin Mainz Mittel in siebenstelliger Höhe zur Verfügung, um damit eine Professur für das Fachgebiet der Altersmedizin (Geriatrie) zu unterhalten. Nun ist die Professur mit Dr. Roland Hardt besetzt worden. Der 57-Jährige ist ärztlicher Leiter der 2016 gegründeten Abteilung für die Versorgung von geriatrischen Patienten am Universitätsklinikum.

Dr. Roland Hardt (Mitte) ist Inhaber der neuen Stiftungsprofessur. Mit auf dem Foto sind (von links) Ingo Nehrbaß und Josef Peter Mertes von der G. und I. Leifheit-Stiftung sowie Dr. Norbert Pfeiffer und Dr. Ulrich Förstermann von der Universitätsmedizin. Foto: Markus Schmidt (Universitätsmedizin)

Salvatore Barbaro, Aufsichtsratsvorsitzender der Universitätsmedizin Mainz und Wissenschaftsstaatssekretär, sagte: „Unsere Spitzenforschung kann neue, innovative Versorgungsformen entwickeln, die den Menschen sehr konkret helfen können und ihre Lebenssituation verbessern. Dank der Unterstützung der G. und I. Leifheit-Stiftung können wir nun mit der Besetzung der neuen Stiftungsprofessur die erfolgreiche Entwicklung der Mainzer Geriatrie fortsetzen.“ Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler erwartet von der Professur „einen wichtigen Beitrag gerade zur intersektoralen Weiterentwicklung einer patientenorientierten Versorgung in der Geriatrie“.

Hardt ist am Forschungsprojekt Geriatrisches Netzwerk beteiligt, das auf eine engere, strukturierte Verzahnung der stationären und ambulanten Versorgung geriatrischer Patienten hinwirken soll. Außerdem ist er Partner einer Studie zur Prozessoptimierung durch interdisziplinäre und Sektoren übergreifende Versorgung am Beispiel von Patienten mit Hüft- und Knieendoprothesen, wie der Wissenschaftliche Vorstand Dr. Ulrich Förstermann mitteilte.

Der stellvertretende Vorsitzende der G. und I. Leifheit-Stiftung, Josef Peter Mertes, erklärte: „Es war der Wille unserer Stifters Günter Leifheit, älteren und kranken Menschen zu helfen. Daher ist in der Satzung der als Stiftungszweck festgelegt, Bereiche zu fördern, die das Leben im Alter verbessern wollen. Dazu zählt auch die medizinische Forschung. In der von uns finanzierten und neu eingerichteten Stiftungsprofessur verbinden sich beide Ziele hervorragend. Wir sind fest davon überzeugt, dass von ihr eine landesweite Signalwirkung ausgehen wird.“ Roland Hardt sagte: „Ich freue mich sehr, dass auch dank der G. und I. Leifheit-Stiftung die Spezialdisziplin Geriatrie im interdisziplinär und translational agierenden universitären Fächerkanon eine immer größere Bedeutung erhält.“

Leifheit-Campus: Zahl der Bewerber steigt

Rhein-Lahn-Zeitung, 12. Januar 2018:

Bildung Erstmals mehr Interessenten als Plätze – Ab Herbst wird frisch vor Ort gekocht

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Nassau. Die Nachfrage nach Plätzen am Nassauer Leifheit-Campus steigt stetig. Für das kommende Schuljahr haben sich 70 Kinder um Aufnahme am G8-Ganztagsgymnasium in privater Trägerschaft beworben. „Die Schule hat einen hervorragenden Zuspruch“, sagte Vorstand Dr. Thomas Klimaschka bei der Generalversammlung der Leifheit-Campus Genossenschaft, die Träger der Einrichtung ist. Die 2015 gegründete Schule will maximal 52 neue Kinder für den kommenden Jahrgang der Klassenstufe fünf aufnehmen. Je nach Ergebnis der am Samstag anstehenden Aufnahmeprüfung kann es also sein, dass es mehr Bewerber als Plätze an der zweizügigen Schule gibt. „Dann gibt es erstmals eine Warteliste“, so Klimaschka. Im ersten Jahr waren 36 Schüler, in den beiden anschließenden Jahrgängen 43 beziehungsweise 46 Kinder aufgenommen worden.

Mit jedem zusätzlichen Schülerjahrgang wird Zug um Zug die Sanierung des Schulzentrums vorangetrieben, das die Genossenschaft in diesem Jahr vom Rhein-Lahn-Kreis übernehmen möchte. Bislang wurden 1,5 Millionen Euro investiert, um das Gebäude zu modernisieren. Dafür und für die Personalkosten hat die G. und I. Leifheit-Stiftung dem Schulträger bis dato insgesamt 4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, wie Genossenschaftsvorstand Klimaschka sagte. Größtes Projekt im laufenden Jahr ist der Bau einer Küche und einer neuen Mensa. Diese soll später auch für die nebenan entstehende Kindertagesstätte der Verbandsgemeinde Nassau zur Verfügung stehen. Der Bau von Küche und Mensa wird laut Planung rund 2,2 Millionen Euro kosten und soll Ende August, spätestens aber nach den Herbstferien Mitte Oktober abgeschlossen sein.

Mitglieder, Vorstand und Aufsichtsrat bei der Generalversammlung der Leifheit-Campus Genossenschaft (von rechts): Wolf Meyer, Dr. Jörn-Peter Kukuk und Helmut Klöckner (alle Aufsichtsrat), Hans-Peter Kohn, die Vorstände Margarethe Deinet und Dr. Thomas Klimaschka sowie Joachim Mädrich, Ingo Nehrbaß (Geschäftsführer der G. und I. Leifheit-Stiftung), Judith Ridder und Stadtbürgermeister Armin Wenzel. Foto: privat

Unterdessen ist die Genossenschaft bei der Suche nach einem Betreiber der Mensa-Küche erfolgreich gewesen. Der Leifheit-Campus habe einer Firma in Nordrhein-Westfalen eine mündliche Zusage gegeben. Der Catering-Betrieb, der sich auf Bildungseinrichtungen spezialisiert hat, habe als einziger von fünf Bewerbern alle Anforderungen erfüllen können, berichtete Vorstand Margarethe Deinet. Dazu gehöre, dass vor Ort zwei Menüs frisch gekocht werden, der derzeitige Essenspreis für die Schüler stabil bleibe und auch die speziellen Anforderungen der Kindertagesstätte berücksichtigt werden. Außerdem werde eine Salatbar angeboten. Ein lokaler Anbieter, der ebenso alle Kriterien erfüllt hätte, habe den Preis nicht auf dem jetzigen Niveau halten können, hieß es weiter.

Zu Beginn der Generalversammlung hatte Aufsichtsratsvorsitzender Wolf Meyer der G. und I. Leifheit-Stiftung, an diesem Abend vertreten durch Geschäftsführer Ingo Nehrbaß, für ihren Beitrag gedankt. „Ohne die Stiftung wäre es nicht möglich gewesen, das Projekt überhaupt zu beginnen“, sagte Meyer. Zugleich hob er den Einsatz von Vorstand, Schulleitung, Lehrerkollegium und Mitarbeitern hervor. „Dass das Gebäude so schön geworden ist, haben wir der Leifheit-Stiftung zu verdanken. Aber es wird durch Menschen mit Leben gefüllt“, so der Aufsichtsratsvorsitzende. „Wir können stolz darauf sein, eine solche engagierte Lehrerschaft zu haben.“ Meyer zeigte sich begeistert von der Entwicklung der Schule. „Es macht Freude, hier hereinzukommen und die Atmosphäre sowie das familiäre Miteinander zu erleben.“

Derzeit sind am Leifheit-Campus 14 Lehrkräfte inklusive Schulleitung tätig. Dazu kommen zwei Bürokräfte und ein Hausmeister. Zu Beginn des neuen Halbjahres im Februar kommt eine weitere Kraft mit einer Drittelstelle hinzu, nach den Sommerferien wird das Team um drei Lehrkräfte ausgeweitet. Mit Beginn des kommenden Schuljahres übernimmt das Land nach einem gewissen Schlüssel den überwiegenden Teil der Personalkosten und gibt dazu einen Zuschuss für Sachkosten. Voraussetzung dafür ist die staatliche Anerkennung des Leifheit-Campus, die bei Privatschulen nach drei Jahren Lehrbetrieb erfolgt. Die entsprechende Urkunde war der Nassauer Schule im Dezember 2017 zugestellt worden (die RLZ berichtete). Das Schreiben des Ministeriums war erst zur Jahresmitte 2018 erwartet worden. „Dass wir die Anerkennung so früh bekommen haben, ist ein gutes Zeichen“, sagte Vorstand Klimaschka. Im März werde man sich mit der Schulaufsicht zusammensetzen, um die weiteren Details der staatlichen Finanzierung zu besprechen.

Bislang basiert die Finanzierung des Gymnasiums allein auf Spenden, wie der Jahresfinanzbericht von Sommer 2016 bis Sommer 2017 zeigt. Demnach spendete die G. und I. Leifheit-Stiftung 1,5 Millionen Euro, die Spenden der Elternschaft summierten sich auf knapp 66 000 Euro. Hinzu kommen sonstige Spenden in Höhe von insgesamt 23 700 Euro, darunter eine vierstellige Summe der Firma Leifheit, die Wolf Meyer zufolge das Privatgymnasium in den ersten drei Jahren unterstützt hatte. Zu den Aufwendungen im Schuljahr 2016/2017 gehörten unter anderem 798 000 Euro für Gehälter und Sozialkosten des Personals sowie Aufwandsentschädigungen für die beiden ehrenamtlichen Vorstände, 392 000 Euro für Instandhaltungsmaßnahmen sowie 206 000 für Anschaffungen. Auch Vorleistungen für den Bau der Mensa fielen an. Inklusive Abschreibungen weist die Bilanz eine „schwarze Null“ auf.

Auch Kreis und Land tragen zur Finanzierung der weiterführenden Schule in Nassau bei. Aus Bundesmitteln habe der Kreis insgesamt 5,7 Millionen Euro für Sanierungsmaßnahmen in Schulen erhalten. „Es ist erfreulich, dass der Rhein-Lahn-Kreis auch die vier Privatschulen mit ins Boot geholt hat. Das ist nicht selbstverständlich“, sagte Vorstand Klimaschka. Aufsichtsratsvorsitzender Meyer ergänzte, dass bei der Verteilung der Gelder nach Schülerzahl den im Aufbau befindlichen privaten Gymnasien in Altendiez und Nassau nicht die Ist-Zahl, sondern die Zahl der Schüler zum ersten Abiturjahrgang zugestanden wurde. So erhalte der Leifheit-Campus 171 000 Euro aus diesem Topf. Wenn 2023 alle Jahrgänge besetzt sind, besuchen rund 400 Schüler den Nassauer Campus. Förderfähig sind zudem die bereits abgeschlossenen Baumaßnahmen. Nachdem nun die Zusage der staatlichen Anerkennung vorliege, könne man die entsprechenden Anträge beim Land einreichen, damit keine Ansprüche verloren gehen, erläuterte Klimaschka.

Land sichert Anerkennung schon jetzt zu

Rhein-Lahn-Zeitung, 15. Dezember 2017:

Leifheit-Campus Privates Gymnasium in Nassau erhält Urkunde pünktlich zum 97. Geburtstag des Stifters und viel früher als erwartet

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz

Nassau. Pünktlich zum 97. Geburtstag des Nassauer Ehrenbürgers und Stifters Günter Leifheit hat der Leifheit-Campus die Urkunde über die staatliche Genehmigung des Gymnasiums in privater Trägerschaft der Öffentlichkeit präsentiert. Das Schreiben des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums war völlig überraschend einen Tag zuvor mit der Post gekommen und hatte große Freude bei den Verantwortlichen ausgelöst. „Das ist ein Riesenschritt für uns“, sagte Dr. Thomas Klimaschka, Vorstand der Genossenschaft, die Träger der Schule ist. „Wir alle sind stolz und glücklich, dass schon acht Monate vor Beginn des kommenden Schuljahres diese Urkunde vorliegt.“

Mit der Zusage des Landes hatte am Leifheit-Campus in diesem Jahr niemand mehr gerechnet. Vor vier Wochen habe die Schulaufsicht noch kundgetan, es könne Ende Juni 2018 werden, bis die Genehmigung des Ministeriums vorliege. Am 13. November hatte die Schulaufsicht den elf Tage zuvor eingegangenen Antrag des Leifheit-Campus nach Mainz weitergeleitet. Nun kam das Schreiben der Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig zu einem geradezu idealen Zeitpunkt.

Aus Anlass des Geburtstags des 2009 verstorbenen Ehrenbürgers kommt der Vorstand der G. und I. Leifheit-Stiftung jedes Jahr gegen Ende der zweiten Dezemberwoche in Nassau für mehrere Tage zusammen. Noch am Vormittag war der komplette Vorstand zu einer Besichtigung am Leifheit-Campus gewesen, um sich das mittlerweile auf drei Jahrgänge gewachsene Privatgymnasium anzusehen. Als Genossenschaftsvorstand Dr. Klimaschka im Anschluss die Post sichtete und auf einen Umschlag des Bildungsministeriums stieß, traute er seinen Augen nicht, als er darin die Urkunde entdeckte. Prompt machte er sich auf den Weg und überraschte die Mitglieder des Stiftungsvorstands beim Mittagessen mit dem Dokument.

Die Kinder und Klassenlehrerinnen des Gründerjahrgangs des Nassauer Leifheit-Campus versammeln sich gemeinsam mit Ilse Leifheit und Dr. Josef Peter Mertes vom Vorstand der Leifheit-Stiftung, Geschäftsführer Ingo Nehrbaß sowie dem Vorstand der Leifheit-Campus-Genossenschaft, Margarete Deinet und Dr. Thomas Klimaschka, zu einem Erinnerungsfoto. Anlass ist die Zustellung der Urkunde, mit der das Land die staatliche Anerkennung der Privatschule ab dem 1. August 2018 verleiht. Foto: Carlo Rosenkranz

Ilse Leifheit, Vorstandsvorsitzende der Stiftung, zeigte sich begeistert davon, dass die Anerkennungsurkunde am Geburtstag des Stifters, ihrem verstorbenen Mann, präsentiert werden konnte. Ihr Stellvertreter Dr. Josef Peter Mertes sagte, die gute Kunde aus Mainz gebe dem Schulträger und dem Förderer Sicherheit. Der frühere Schulleiter und langjährige Landespolitiker erläuterte die Bedeutung der vom 1. August 2018 wirksamen staatlichen Anerkennung. Damit übernimmt das Land die Personalkosten für den Leifheit-Campus nach einem bestimmten Schlüssel und stellt noch mal 10 Prozent dieser Summe für Sachkosten zur Verfügung. Außerdem können künftig verbeamtete Lehrkräfte am Privatgymnasium tätig werden.

Dr. Klimaschka wies darauf hin, dass ab kommendem Schuljahr damit der Rhein-Lahn-Kreis die Fahrtkosten für die Schüler übernimmt – auch für jene, die bereits jetzt am Campus unterrichtet werden. „Das spart den Eltern viel Geld“, sagte der Genossenschaftsvorstand. Er zeigte sich dankbar gegenüber der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Nord und dem Bildungsministerium für die frühzeitige Übersendung der staatlichen Anerkennung. „Das ist ein Zeichen der guten Zusammenarbeit, die wir von Anfang an gepflegt haben“, so Dr. Klimaschka. Einen besonderen Dank richtete er auch an die Kinder der jetzigen Jahrgangsstufe 7 und ihre Eltern. „Sie haben es möglich gemacht, dass die Schule im Sommer 2015 ihren Betrieb aufnehmen konnte.“